
Geräuschlose Umstellung
Die Volksbank Bühl eG hat seit April 2021 das Gros ihrer Eigenanlage auf Nachhaltigkeit umgestellt. Was waren die Gründe? Und welche Herausforderungen gab es dabei?
Text: Felix Schütze
Kurz gefasst
- Als Pilotbank zur Umsetzung der BVR-Nachhaltigkeitsstrategie hat die Volksbank Bühl eG im Depot A zwei Spezialfonds von Union Investment auf Nachhaltigkeit umgestellt
- Dabei erhielten beide Fonds ein Overlay mit dem UniESG Basisfilter
- Nach fünf Monaten zeigt sich, dass die Umstellung keine Rendite gekostet hat und dass durch den Ausschluss von weniger nachhaltigen Titeln das Portfolio robuster geworden ist
- Beide Spezialfonds können in Zukunft noch weiter in Sachen ESG verfeinert und ausgebaut werden
Die Volksbank im badischen Bühl beschäftigt sich schon seit Längerem mit ökologischen und ethisch-sozialen Aspekten. Das unterstreichen Marco Feit, Mitglied des Vorstands, und Jörn Sator, Treasurer der Bank. „Nachhaltigkeit ist das große Zukunftsthema, und es ist für uns eine Herzenssache“, sagt Feit. „Es passt ganz einfach zu unserem Selbstverständnis als Genossenschaftsbanker für die Region, und nicht zuletzt entspricht nachhaltiges Denken aber auch ganz grundsätzlich dem wirtschaftlichen Verstand.“
Pilotbank für die BVR-Nachhaltigkeitsstrategie
Ein eigenes Nachhaltigkeitsleitbild, neue familienfreundliche Arbeitszeitmodelle oder die aktive Suche nach Einsparpotenzialen bei Energie und Abfall, all das sind Themen, die in der Zentrale in der Friedrichstraße bereits seit Jahren verfolgt werden. Auch im Anlage- und Kreditgeschäft sind ESG-Themen fest integriert, etwa im Zusammenhang mit dem New Green Deal und der Brüsseler Sustainable-Finance-Initiative. „Hier ist die Regulatorik ein eindeutiger Treiber für uns“, sagt Sator. Im Gespräch wirkt es aber so, dass weder er noch Marco Feit vom Nutzen überzeugt werden müssen. Das schließt zwar auch ein, manche Dinge, die allgemein als nachhaltig gelten, kritisch zu hinterfragen, wie etwa die Elektromobilität oder die Kompensation von CO2-Emissionen. Aber an der positiven Grundhaltung in ihrer holistischen Betrachtungsweise des Themas ändert es nichts. Nicht umsonst genießt die Volksbank Bühl im Genossenschaftsverband einen Ruf, der auch dazu führte, im Herbst 2020 vom Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) als eine der Pilotbanken zur Umsetzung der BVR-Nachhaltigkeitsstrategie ausgewählt zu werden.
„Wir sind natürlich sehr gerne darauf eingegangen. Auch weil wir glaubten, dass wir schon ziemlich weit sind“, sagt Feit. Allerdings waren er und sein Team überrascht, als die Auswertung des BVR-Fragenkatalogs zur Ermittlung des Status quo ergab, dass die Bank auf der Reifegradskala des BVR-Nachhaltigkeitsfächers gerade einmal einen Score von 0,8 von möglichen fünf Punkten erzielen konnte. Das Ergebnis hätte leicht für Frustration sorgen können, doch das Gegenteil war der Fall. „Wir fühlten uns angespornt. In Zeiten, wo praktisch jeder behauptet, nachhaltig zu sein, sind Systeme wie die Reifegradskala wichtig, um das Behauptete auch messbar zu machen.“

Marco Feit, Jahrgang 1969, verantwortet seit 1. Oktober 2017 als Mitglied des Vorstands den Bereich Unternehmenssteuerung, Produktion, Beauftragtenwesen, Innenrevision sowie Personal und ist mitverantwortlich für den Bereich Grundsatz & Strategie. 1990 begann er seine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Volksbank Bühl und ist seitdem dem Unternehmen treu geblieben. Ausgleich nach der Arbeit findet der verheiratete Vater von zwei Töchtern in der Familie und, wenn die Zeit es zulässt, beim Angeln an heimischen Gewässern oder auch auf hoher See vor Norwegen.

Jörn Sator, Jahrgang 1971, begann 1993 nach dem Abschluss als Diplom-Betriebswirt an der Universität Karlsruhe als Anlage- und Wertpapierberater bei der Volksbank Bühl eG. Seit 2001 leitet er das Treasury der Bank, seit 2008 ist Sator zusätzlich Bereichsdirektor Private Banking. Entspannung und Erholung nach der Arbeit sucht der bekennende Grillfan auch auf Trekkingurlauben mit seiner Frau und seiner Tochter in Südostasien. Außerdem ist Jörn Sator seit 2014 Lebensspender bei der DKMS.
Suche nach Stellschrauben für mehr Nachhaltigkeit
Die Bühler Volksbanker begannen umgehend zu analysieren und Optimierungspotenziale zu suchen. Zunächst wurde ein Zielbild formuliert, und dieses lautete, auf der Reifegradskala bis zum Jahr 2024 mindesten eine Drei zu erreichen. „Das hört sich vielleicht wenig an, aber diesen Standard zu erreichen erfordert bereits eine Menge Veränderungen im Bankenalltag“, führt Feit aus.
Auf dem Weg dorthin galt es zunächst, die leichteren Stellschrauben zu bedienen und relativ zeitnah erste „Quick Wins“ zu erzielen. Das betraf auch die Eigenanlage, die Jörn Sator seit 20 Jahren verantwortet. Den Impuls, die Depot-A-Anlagen um eine „nachhaltige“ Perspektive zu erweitern, gab Markus Westenburger, Senior-Kundenbetreuer bei Union Investment. In enger Absprache mit Jörn Sator entwarf er zunächst einen groben Fahrplan. Dabei wurden sie inhaltlich unterstützt von Dijana Lind, ESG-Expertin von Union Investment. Auf der Anlageausschusssitzung im Winter 2020, bei der der Beschluss zur Umstellung gefasst wurde, führte Dijana Lind alle Ausschussmitglieder in das Thema ein und machte sie mit aktuellen Entwicklungen im Bereich der Nachhaltigkeit vertraut. Der Fokus der Umstellung richtete sich dabei auf zwei von Union Investment aktiv gemanagten Spezialfonds. Für den Multi-Asset-Fonds, mit einem chancenorientierten globalen Portfolio aus Aktien und Unternehmensanleihen, und den LCR-Spezialfonds erteilte Jörn Sator Anfang 2021 den Auftrag zur Implementierung von Ausschlusskriterien als ersten Schritt in Richtung Nachhaltigkeit. Diese wurde binnen vier Monaten im April 2021 vollzogen. Dabei erhielten beide Fonds ein Overlay mit dem UniESG Basisfilter, der zum einen die Fondsdurchschau unter klar definierten Nachhaltigkeitsaspekten gestattete und zum anderen die Grundlage gibt, um Titel, die die klar definierten Nachhaltigkeitskriterien des Portfoliomanagements nicht erfüllen, auszuschließen. Die vier Wochen Umstellungszeit hatten vor allem taktische Gründe im Hinblick auf notwendige Positionsveränderungen.
In der Folge hatte sich das Portfolio der beiden Spezialfonds jedoch nicht wesentlich verändert. Die größte Neupositionierung war der Ausschluss einiger chinesischer Anleihen – „nein, kein Evergrande“ – in Höhe von rund zehn Millionen Euro aus der Anlage. „Das zeigte uns, dass das Portfoliomanagement von Union Investment auch schon vor der Umstellung sehr verantwortungsvoll bei der Titelauswahl vorgegangen ist“, bewertet Sator. Fünf Monate nach der Umstellung kann der Bereichsleiter Private Banking und Treasury ein weiteres positives Fazit ziehen: „Wir können heute schon sagen, dass uns die Umstellung keine Rendite gekostet und dass sich durch den Ausschluss von einigen weniger nachhaltigen Titeln die Robustheit im Portfolio erhöht hat.“

Die geräuschlose Umstellung der Eigenanlage auf Nachhaltigkeit hat für die Volksbank Bühl einen weiteren Vorteil: „Wir haben dadurch die Ressourcen und den Freiraum, um uns auf andere Bereiche zu konzentrieren, die ebenfalls nachhaltiger werden sollen“, sagt Marco Feit. Ein großes Augenmerk legt er dabei auf die Mitarbeiter. „Die müssen wir bei dem Prozess auf jeden Fall mitnehmen, damit er erfolgreich wird“, sagt er. Dabei entstehen auch neue Ideen, wie zum Beispiel in der Anlageberatung von Privatkunden. „Wir könnten uns durchaus vorstellen, unseren Kunden von vornherein ausschließlich nachhaltige Fondsprodukte anzubieten“, erläutert das Vorstandsmitglied. Nur wenn Kunden es im Gespräch explizit wünschten, könnten auch andere Fonds angeboten werden.
Blick in die Zukunft
„Wenn wir uns Nachhaltigkeit als einen Weg vorstellen, dann stehen wir noch relativ am Anfang“, so Feit. Das gilt auch für die Eigenanlage. Eine weitere Veränderung dürfte sich in absehbarer Zeit ergeben, wenn Union Investment den ESG-Transformationsprozess einführt. Dieser soll eine bessere Bewertung von Titeln von sich in der Transformation befindlichen Unternehmen unter ESG-Aspekten ermöglichen. „Wenn wir nur Unternehmen auswählen würden, die bereits zu 100 Prozent nachhaltig sind, würde unser Investment-Kosmos sehr klein sein“, so Sator. „Aber viele Firmen haben sich ebenso wie wir auf den Weg gemacht, und unter ihnen die aussichtsreichsten Kandidaten auszuwählen ist auf jeden Fall ein Thema mit Zukunft.“ Die beiden Spezialfonds können mit Sicherheit noch weiter in Sachen ESG verfeinert und ausgebaut werden. „Wir beobachten mit Union Investment genau die Entwicklung und wollen gerne auch noch weitere Aspekte in der Portfoliosteuerung umsetzen. So etwa die Erhöhung der ESG-Quote durch ein verstärktes Investieren in Titel mit direktem nachhaltigem Impact“, betont Sator. Der Weg zu mehr Nachhaltigkeit hört nie auf, und es gibt immer noch Möglichkeiten, um noch besser zu werden.
Stand aller Informationen, Erläuterungen und Darstellungen:
22. Oktober 2021, soweit nicht anders angegeben.