Illiquiditäts- und Risikoprämien versus Ertragsdilemma

Illiquiditäts- und Risikoprämien versus Ertragsdilemma

In Zeiten niedriger und negativer Zinsen sowie enger Risikobudgets gewinnen unter den alternativen Investments insbesondere die illiquiden wie Immobilien, Infrastruktur und Private Debt an Bedeutung. Was zeichnet diese Anlageklassen aus, und wie lassen sich die mit ihnen verbundenen Risiken steuern?

Dr. Christian Seilheimer, Leiter Produktmanagement, Union Investment

 

 

Ein Beitrag von Dr. Christian Seilheimer, Leiter Produktmanagement bei Union Investment

Kurz gefasst

  • Alternative Investments helfen bei der Diversifizierung und können für eine stabilere Rendite-Risiko-Struktur im Portfolio sorgen
  • Die illiquiden alternativen Investments können dabei eine besondere Rolle spielen
  • Man muss sich die Illiquidität allerdings leisten können und daher einen langfristigen Horizont haben
  • Gesagt werden muss auch, dass Investoren aufgrund diverser regulatorischer Herausforderungen vor einem beträchtlichen Implementierungs- und Strukturierungsaufwand stehen, wenn sie diese Investments direkt abbilden wollen
  • Union Investment hat durch mehrere Partnerschaften und die gemeinsame Entwicklung von Fondsinnovationen Wege geschaffen, damit institutionelle Investoren die unterschiedlichen Möglichkeiten der illiquiden alternativen Investments nutzen können

Auf der Suche nach sicheren Renditen haben es institutionelle Investoren schwer. Zum einen dürfte das Niedrig- oder sogar Negativzinsumfeld in der Eurozone mit der Coronakrise auf Jahre zementiert sein. Daneben sprechen auch strukturelle Faktoren wie die verhaltene Kreditnachfrage aus dem Unternehmenssektor und die demografische Entwicklung dafür, dass sich an der schwachen Wirtschaftsdynamik und entsprechend niedrigen Zinsen im Euroraum vorerst nichts ändern wird. Damit hat zumindest der europäische Anleihemarkt perspektivisch wenig Potenzial. Gleichzeitig leidet der europäische Aktienmarkt im internationalen Vergleich unter den Defiziten im Bereich digitaler Technologie. All diese Faktoren dürften mittel- bis langfristig den Anreiz verstärken, das Portfolio breiter aufzustellen, um Erträge vereinnahmen zu können. Neben Internationalisierungsstrategien werden alternative Investments weiter an Bedeutung gewinnen, da diese Renditequellen abseits der klassischen Assetklassen erschließen und dazu beitragen, das Portfolio besser zu diversifizieren.

Alternative Investments – ein weit gefasster Sammelbegriff

Die oft verkürzt als „Alternatives“ zusammengefassten Investitionsmöglichkeiten sind ein weiter Sammelbegriff. Dieser reicht von Real Assets wie Immobilien- oder Infrastrukturanlagen über Private Equity und Private Debt bis hin zu komplexen Hedgefonds-Strategien. Das zeigt bereits, dass diese Anlageklassen und Anlagestrategien eigentlich sehr heterogen sind. Aber es gibt auch ein paar Gemeinsamkeiten: Die Alternatives verfügen allesamt über eine geringe und teilweise sogar negative Korrelation zu den klassischen Aktien- oder Anleihemärkten, was zu einer guten Diversifizierung des Gesamtportfolios beiträgt. Dies trifft besonders auf den nicht börsennotierten illiquiden Private-Markets-Bereich zu, den wir im Folgenden genauer betrachten. Der Marktzugang zu den Alternatives ist nur mit spezifischem Fachwissen professionell darstellbar. Typischerweise sind die erforderlichen Losgrößen bei direkten Investments, beispielsweise bei Immobilientransaktionen oder der Beteiligung an nicht notierten Unternehmen, hoch. Schließlich ist ihre Performance- und Risikomessung komplex, was die alternativen Investments einerseits zu einer besonders anspruchsvollen Anlageklasse macht, andererseits aber oft auch zu einer zusätzlichen Intransparenz- und Risikoprämie führt.

Illiquidität als Risiko und Renditechance

Unter den Alternatives zapfen die bereits erwähnten illiquiden Strategien eine zusätzliche Renditequelle an: die Illiquiditätsprämie. Wichtig hierbei ist, dass man in der Lage ist, sich die Illiquidität leisten zu können. Ein langer Anlagehorizont versteht sich dabei von selbst. Dies trifft neben Private-Equity-Investments insbesondere für Private Debt, Immobilien, Infrastruktur und alle weiteren illiquiden Real Assets zu. „Dieser Bereich konnte sich sehr gut etablieren und zählte zu den Gewinnern der vergangenen Jahre“, sagt Klaus Bollmann, Geschäftsführer Produktmanagement, Mandanten- und Vertriebsservice bei Union Investment Institutional.

Klaus Bollmann

Klaus Bollmann, Geschäftsführer Produktmanagement, Mandanten- und Vertriebsservice bei Union Investment Institutional

Expertenwissen ist notwendig

Gesagt werden muss auch, dass Investoren aufgrund diverser regulatorischer Herausforderungen, wie der AIFM-Richtlinie, MiFID II sowie Solvency II, bei den Alternatives vor einem beträchtlichen Implementierungs- und Strukturierungsaufwand stehen. Neben dem Wissen über regulatorische und steuerliche Anforderungen bedürfen alternative Investments eines tiefen Marktverständnisses und auch eines soliden Know-hows über die verschiedenen Investitionssegmente sowie einer angemessenen Risikosteuerung und -überwachung. Für Letzteres sind spezifische Risikomodelle notwendig, die den Gegebenheiten der Assets Rechnung tragen. Zudem ist es empfehlenswert, die Risiken breit zu verteilen, um die Abhängigkeit vom Erfolg einzelner Investments, einzelner Regionen oder einzelner Strategien zu reduzieren.

„Der hohe Aufwand mit dieser anspruchsvollen Anlageklasse erfordert in der Regel auch höhere Mindestanlagebeträge, die im siebenstelligen Bereich marktüblich sind“, sagt Klaus Bollmann. „Insofern ist dieses Feld vor allem institutionellen Anlegern vorbehalten.“ Union Investment hat durch mehrere Partnerschaften (Unigestion, redos, Mercer Private Markets und aam2cred) und die gemeinsame Entwicklung von Fondsinnovationen Wege geschaffen, damit institutionelle Investoren die unterschiedlichen Möglichkeiten der illiquiden alternativen Investments nutzen können. Hier ein Überblick über drei Anlageklassen.

Illiquide alternative Investments im Überblick

Immobilien, eine solide Investitionsalternative

Unter den alternativen Investments dürfte das Betongold die mit Abstand am weitesten verbreitete Anlage sein. Die Illiquidität liegt praktisch in der Natur der Immobilie selbst. Sie kann nicht bewegt werden, und sie zu veräußern erfordert mitunter Monate und erzeugt hohe Transaktionskosten, wie zum Beispiel Grunderwerbsteuer oder Notarkosten. Auch die Due Diligence der Immobilien ist komplex, da Liegenschaften nicht standardisiert sind und individuell vor dem Kauf geprüft werden müssen. Ob über eine Direktinvestition oder einen Immobilienfonds, Immobilien sind prädestiniert für Investoren mit einem langen Anlagehorizont. Für ihre Geduld und das Risiko der höheren Illiquidität werden Anleger über eine Illiquiditätsprämie entschädigt, die als zusätzliche Renditequelle genutzt werden kann. Investoren verbessern damit ihre Chancen auf eine höhere Portfoliorendite, und gleichzeitig gewinnen sie Planungssicherheit aufgrund der auf Jahre festgelegten Investitionsdauer. Zudem sind Anleger aufgrund der langen Haltedauer wesentlich weniger der täglichen Marktvolatilität ausgesetzt, zumal Immobilienwerte nur sehr träge reagieren und damit vergleichsweise stetig sind.

Gerade in sehr volatilen Kapitalmärkten tragen Immobilien zu einer Stabilisierung des Gesamtportfolios bei. Außerdem weisen sie zum einen durch regelmäßige Mieterträge einen gut kalkulierbaren Cashflow aus, und zum anderen bedeutet eine Insolvenz eines Mieters keinen Totalverlust, da die Immobilie weiterhin besteht und wieder vermietet werden kann.

Wichtig ist bei der Auswahl neben Qualität und Lage der Immobilie aber auch die Nutzungsart. Die Corona-Pandemie hat hier für einige Verschiebungen gesorgt. Zu den Gewinnern zählen aktuell neben Wohn- und Logistikimmobilien vor allem Einzelhandelsobjekte für Waren des täglichen Bedarfs (Supermärkte, SB-Warenhäuser sowie weitere Nahversorger). Genau auf dieses Segment konzentriert sich auch die Anlagestrategie der Fondsreihe Redos Einzelhandel Deutschland mit dem auf den deutschen Einzelhandel spezialisierten Asset Manager redos real estate. Zuletzt wurde im Oktober 2019 gemeinsam der Offene Immobilienspezialfonds Redos Einzelhandel Deutschland III aufgelegt. Zusammen mit dem Logistikspezialisten Garbe wurde im Jahr 2020 ein Logistikfonds konzipiert und an den Markt gebracht, und das Wohnimmobiliensegment wird über den langjährigen Partner Deutsche Asset One und die ZBI abgedeckt.

Private Real Estate Debt, Beteiligung als Spezialdisziplin

Immobilien zählen zweifelsohne zu den beliebtesten Anlagen unter den alternativen Investments. Allerdings steht der großen Nachfrage ein oft geringes Angebot gegenüber, was die Preise in die Höhe getrieben hat und inzwischen auch die Rendite drückt. „Es gibt jedoch weitere und zum Teil ebenfalls attraktive Investitionsmöglichkeiten im Immobilienbereich in Form der Kreditvergabe“, sagt Klaus Bollmann. „Als sehr kapitalintensive Wirtschaftsgüter, die über den gesamten Lebenszyklus fremdfinanziert werden müssen, lässt sich mit Immobilien ein sehr großes Finanzierungsuniversum mit kontinuierlichen Anlagemöglichkeiten erschließen.“

Real Estate Debt im Gesamtkontext möglicher Finanzierungsarten

Real Estate Debt im Gesamtkontext möglicher Finanzierungsarten

Wertschöpfung durch unterschiedliche Finanzierungsmodelle

Unter den unterschiedlichen Formen der Finanzierung hat sich Union Investment für den Aufbau eines Immobilien-Kreditfonds besonders auf Mezzanine- und Whole-Loan-Beteiligungen fokussiert. Die Mezzanine-Finanzierungen stellen quasi ein „Zwischengeschoss“ zwischen Eigenkapital und Fremdkapital dar. Aufgrund dieser Position kann sie eine wichtige Rolle im Rahmen der Bilanzoptimierung spielen. Aufgrund des höheren Risikos gegenüber erstrangig besicherten Finanzierungen weisen Mezzanine-Kredite einen deutlich höheren Zins auf. Essenziell für den Erfolg nachrangiger Finanzierungen ist daher die Beurteilung der Leistungsstärke der Kreditnehmer und der finanzierten Immobilien.

Wertschöpfungsmöglichkeiten für die Immobilienanlage

  • Debt Mezzanine – Nachrangdarlehen: Hier überwiegt der Fremdkapitalcharakter. Durch die Nachrangigkeit des Kapitals und den weitestgehenden Verzicht auf Sicherheiten bietet Mezzanine-Kapital dem Kreditnehmer die Möglichkeit, weiteres Fremdkapital aufzunehmen. Die Kosten der Kapitalaufnahme liegen zwar über den Kosten für besichertes Fremdkapital, sind aber geringer als bei der Aufnahme von Eigenkapital.
  • Equity Mezzanine – Nachrangdarlehen mit Erfolgszins: Bei dieser Form von Mezzanine gibt es im Erfolgsfall zusätzlich zum Kupon eine Erfolgsprämie für den Kreditgeber als weitere Renditechance.
  • Whole-Loan: Whole-Loans sind ein Mix aus Seniordarlehen und Nachrangdarlehen. Der Beleihungsgrad ist höher als bei Seniordarlehen. Sie bieten Kreditnehmern aus einer Hand benötigtes Fremdkapital, wodurch der Prüfungsprozess vereinfacht wird. Für das vergleichsweise größere Risiko durch den höheren Beleihungsgrad erhält der Kreditgeber eine höhere Verzinsung.

Im Gegensatz zum chronisch mageren Angebot an schlüsselfertigen Core-Immobilien bietet Private Real Estate Debt viele Möglichkeiten. Denn Kreditinstitute reagieren aufgrund neuer regulatorischer Auflagen und steigender Risikovorsorge im Firmenkreditportfolio mit einer restriktiveren Kreditvergabepolitik. Daraus resultiert eine Kreditunterversorgung der kapitalintensiven Immobilienindustrie, wodurch sich die Finanzierungslücke im Immobilienbereich nachhaltig vergrößert hat. Die private Kreditfinanzierung schließt damit die Lücke im Wertschöpfungskreislauf der Immobilienindustrie. Investoren werden dringend gesucht, wodurch sich attraktive Renditen ergeben, die darüber hinaus angenehm schwankungsarm sind.

Die Direktvergabe von Immobilienkrediten als Real Estate Debt ist eine mittelbare Investition in den geprüften und anfassbaren Substanzwert „Immobilie“ und grenzt sich damit deutlich von verbrieften oder hybriden Kapitalmarktprodukten ab. Anders als Anleihen, Aktien oder Derivate ist die Direktvergabe von Real Estate Debt zweckgebunden und kann vom Kreditmanager durch Kapitalschutzmechanismen, Informationsverpflichtungen, Sicherheiten und zustimmungspflichtige Geschäfte maßgeblich beeinflusst, überwacht und geschützt werden.

Union Investment hat im Februar 2021 im Bereich Private Real Estate Debt eine strategische Partnerschaft mit aam2cred Debt Investments GmbH (ehemals aamundo Fund Management GmbH) geschlossen. Mit aam2cred wird ein neues Immobilienkredit-Fondskonzept entwickelt, das über die Investition in Mezzanine-Darlehen und Whole-Loans zur Finanzierung von Wohn- und Gewerbeimmobilien einen professionellen und diversifizierten Zugang zu dieser Anlageklasse schafft.

Infrastruktur, breites Spektrum mit Wachstumspotenzial

Nicht erst infolge der Corona-Pandemie ist der Bedarf an Infrastrukturinvestments erheblich gestiegen. Staatliche Hilfsprogramme und eine Abkehr von der Austeritätspolitik werden in vielen Ländern als probates Mittel zur Krisenbekämpfung angesehen. Gleichzeitig trifft dieser Trend auf die Notwendigkeit zum Ausbau und zur Erneuerung von veralteten Infrastrukturen in wachsenden Volkswirtschaften. Dazu zählen verschiedenste Bereiche wie Glasfasernetze, Wasserversorgung, Verkehrswege, Schulen, Brücken, Energieversorgung oder auch Abfallentsorgung. Die Bandbreite zeigt, dass Infrastrukturanlagen ein sehr großes Spektrum an Möglichkeiten und Risikoprofilen bieten.

Wie bei Immobilien profitieren Investoren von der Illiquiditätsprämie der Anlageklasse. Weitere Vorteile sind langfristig gut prognostizierbare und vergleichsweise stabile Ertragsströme. Infrastrukturprojekte können außerdem auch eine geringe Konjunkturabhängigkeit bieten und stellen damit ein zusätzliches Diversifikationspotenzial für die Asset Allocation institutioneller Investoren dar. „Im Ergebnis können sich institutionelle Investoren zum Beispiel über ‚Private Public Partnerships‘ für Jahrzehnte am nachhaltigen Umbau der Wirtschaft beteiligen und gleichzeitig deren Früchte ernten“, sagt Klaus Bollmann.

Auch bei dieser anspruchsvollen Anlageklasse ist Union Investment eine Partnerschaft mit Mercer Private Markets eingegangen. Gemeinsam wurde mit dem global investierenden Fonds UniInstitutional Infrastruktur Invest I ein breit diversifizierter Infrastrukturfonds aufgelegt, von dem bereits zwei Tranchen in den beiden vergangenen Jahren gezeichnet werden konnten; ein weiterer global investierender Infrastrukturfonds ist mit demselben Partner für das zweite Halbjahr geplant. Beide Fonds investieren in nicht notierte Beteiligungen an Infrastrukturinvestments. Zudem wurde mit UniInstitutional Aktien Infrastruktur Nachhaltig in diesem Frühjahr ein neuer institutioneller Publikumsfonds aufgelegt, der in Aktien notierter Infrastrukturunternehmen investiert.

Fazit

Neben der Erzielung absolut positiver Erträge ist insbesondere die Diversifikation der Kapitalanlage für institutionelle Anleger von entscheidender Bedeutung. Dafür bedarf es innovativer Investmentkonzepte. Alternative Investments bieten einen Mehrwert, denn sie können für eine stabilere Rendite-Risiko-Struktur im Portfolio sorgen. Die illiquiden alternativen Investments können hierbei eine besondere Rolle spielen.

Stand aller Informationen, Erläuterungen und Darstellungen:
25. Mai 2021, soweit nicht anders angegeben.

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