Fast Fashion

Fast Fashion – nicht länger en vogue

Transformation Insight: Der Konsumbereich

  • Bekleidungsbranche verursacht hohe ökologische Schäden

  • Lieferketten- und Transparenzprobleme führen zu Kontroversen und Reputationsverlusten

  • Konsumenten entscheiden mit über den Erfolg der Transformationsstrategie

Fast Fashion: Ein Trend kommt (noch) nicht aus der Mode

Gehen Sie gerne spontan und möglichst kostengünstig shoppen? Ist Ihr Kleiderschrank immer mit den neuesten T-Shirts, Hosen und Kleidern gut gefüllt? Wenn ja, dann tragen auch Sie zum wirtschaftlichen Erfolg der Fast Fashion-Bewegung innerhalb der Modebranche bei.

Unterstützt durch eine wachsende und zunehmend modebewusste Mittelschicht in den Schwellenländern und den immer stärkeren Onlinehandel, ist Fast Fashion ein wichtiger Wachstumsmotor für die Bekleidungsgüterindustrie. Die Zukunftsaussichten der Modebranche sind (auch) deshalb nach wie vor positiv.

Bekleidungs- und Schuhindustrie vor weiterem Wachstum

Gemäß Abbildung 1 wächst der Umsatz durch den Verkauf von Bekleidung und Schuhen seit 2019 bis zum Jahr 2030 jährlich um 5 Prozent, auf dann 3,3 Billionen US-Dollar (linke Grafik). Auch die konsumierte Menge an Bekleidung erhöht sich von 2015 bis 2030 um insgesamt 63 Prozent (rechte Grafik).

Doch die ökonomische Erfolgsgeschichte hat – in der breiten Öffentlichkeit oftmals unbemerkt – ökologische und soziale Schattenseiten. Gerade der Bereich Fast Fashion, der sich durch das schnelle Aufgreifen aktueller Modetrends, kurze Produktionszyklen und günstige Massenproduktion auszeichnet, vergrößert den ökologischen Fußabdruck der gesamten Branche deutlich. Der immense Ressourcenverbrauch der Bekleidungsindustrie, in Verbindung mit problematischen Lieferketten und teilweise schwierigen Arbeitsbedingungen, haben dazu geführt, dass der Sektor und speziell Fast Fashion-Mode zunehmend kritisch gesehen werden – nicht nur seitens nachhaltig orientierter Konsumenten und Investoren, sondern auch auf regulatorischer Ebene. Zwar haben diese Kritikpunkte das Wachstum bislang noch nicht bremsen können. Die vielfältigen Kontroversen und Diskussionen trüben jedoch die langfristigen Perspektiven dieses Modetrends grundsätzlich ein.

Produzenten müssen vielfältige ökologische Probleme lösen

Über die gesamte Wertschöpfungskette des Sektors hinweg, also bei der Rohstoffauswahl, der eigentlichen Produktion, dem Transport und bei der abschließenden Entsorgung, besteht unter ökologischen Gesichtspunkten Transformationsbedarf. Abbildung 2 verdeutlicht, dass bis zum Jahr 2030 der Wasserverbrauch der Branche, deren Treibhausgasemissionen und die Menge an produziertem Müll weiter stark ansteigen.

Ökologischer Fußabdruck der Modeindustrie wird größer

Wasserverbrauch: Die Modebranche ist schon heute für rund zehn Prozent der industriellen Wassernutzung weltweit verantwortlich. Gemäß Abbildung 2 steigt dieser im Zeitraum von 2015 bis 2030 um 50 Prozent an (in der Grafik links). Bedenkt man die bestehende Wasserknappheit in vielen Produktionsgebieten der Modebranche, sind der absolute Verbrauch und die Abhängigkeit des Sektors von Wasser kritisch zu sehen. Verantwortlich für diese enorme Wassernachfrage ist vor allem die wasserintensive Baumwollproduktion. Doch damit nicht genug: Während der Fertigung der Kleidungsstücke kommt es zusätzlich zu einer massiven Wasserverschmutzung. Laut einer Untersuchung der Weltbank entstehen circa 20 Prozent der globalen Wasserverunreinigungen bei der Behandlung und Verarbeitung von Textilien.

Treibhausgasemissionen: Die Bekleidungsindustrie ist darüber hinaus, gemäß einer Research-Studie von Barclays aus dem Jahr 2020, auch für etwa acht Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Die absoluten Emissionen während der Produktion von Textilien sind unter anderem deshalb so hoch, weil der Energie-Mix der entsprechenden Länder einen überdurchschnittlichen Anteil an fossilen Energieträgern aufweist. Setzt sich das Emissionswachstum (siehe Abbildung 2, mittlere Grafik) fort, könnte im Jahr 2050 allein die Bekleidungsbranche 25 Prozent des gesamten CO2-Budgets weltweit verbrauchen.1

Abfall & Verschwendung: Im Jahr 2015 war die Modebranche für 92 Millionen Tonnen an Abfall verantwortlich. Dies entspricht rund vier Prozent des weltweiten Abfallaufkommens. Bis zum Jahr 2030 wird ein Anstieg der absoluten Menge auf dann 148 Millionen Tonnen geschätzt (Abbildung 2, rechte Grafik). Verantwortlich für diesen Anstieg sind die steigende Nachfrage nach immer mehr (Fast Fashion-)Mode und die Tendenz, Kleidungsstücke bereits nach einer sehr kurzen Besitzdauer wieder zu entsorgen. Der durchschnittliche Konsument kauft heutzutage 60 Prozent mehr Kleidungsstücke als noch vor 15 Jahren. Schätzungen gehen davon aus, dass 50 Prozent der Fast Fashion-Mode bereits nach einem Jahr wieder auf dem Müll landen. „Unterstützt“ wird der Anstieg der Abfallmenge auch dadurch, dass aktuell nur rund ein Prozent der Kleidungsstücke recycelt werden. Dies hat den belastenden Nebeneffekt, dass Mikrofasern und -plastik – besonders aus synthetischen Stoffen (vor allem Polyester) – unter anderem über Müllhalden ihren Weg in Gewässer und Meere finden und dort in immer höheren Konzentrationen anzutreffen sind. Hinzu kommt: Trotz der starken Nachfrage produziert der Sektor zu viele Kleidungsstücke. Diese Überproduktion stellt ein Problem dar. Denn auch diese Kleidungsstücke werden nur selten recycelt und oftmals verbrannt oder anderweitig vernichtet. Die Ellen MacArthur Foundation schätzt, dass sich der jährliche Wertverlust durch Verschwendung und Abfall im Zusammenhang mit Kleidung auf bis zu 500 Milliarden US-Dollar beläuft.

Kontroversen um Lieferketten und Arbeitsbedingungen belasten

Parallel zu den ökologischen Problemen steht die Modebranche vor weiteren Herausforderungen. Ein großer Teil der Modeproduktion – speziell im Fast Fashion-Bereich – erfolgt in den Schwellenländern. Dies geschieht aus Kostengründen, aber auch aufgrund geringerer regulatorischer Auflagen. Mögen diese Produktionsentscheidungen aus betriebswirtschaftlichen Gründen verständlich sein, so sind die sozialen Risiken, die damit einhergehen, nicht zu unterschätzen und rücken immer stärker in den Fokus von Konsumenten, Investoren und auch Regulatoren. Denn die in den Schwellenländern beschäftigten Mitarbeiter sind oft schlecht bezahlt, besitzen mehrheitlich kaum Arbeitnehmerrechte und sind belastenden Umwelteinflüssen ausgesetzt. Auch Kinderarbeit stellt in einigen Ländern noch immer ein Problem dar. Gerade in letzter Zeit ist zudem das Thema der systematischen Ausbeutung und Unterdrückung von ganzen Bevölkerungsgruppen, wie zum Beispiel in der chinesischen Region Xinjiang, immer stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. In diesem Zusammenhang wurden auch die Produktionsumstände ausgewählter Textilunternehmen in der chinesischen Region kritisch hinterfragt, die traditionell eine wichtige Rolle bei der Textilherstellung besitzt. Die betroffenen Unternehmen mussten sich rechtfertigen und genaue Auskünfte über ihre individuellen Zulieferketten geben.

Das Problem daran? Die Lieferketten, gerade in der Modebranche, sind lang und komplex. Die Vielzahl an Inputfaktoren und die oftmals kleinteiligen Arbeitsschritte machen transparente Analysen und umfängliche Aussagen über ein nachhaltiges, korrektes Verhalten der jeweiligen Lieferanten schwierig. Drei Abschnitte lassen sich in den Zulieferketten grundsätzlich unterscheiden:

  • Tier 1: Zulieferer und Produzenten, zu denen eine (möglichst) direkte Lieferbeziehung besteht. Gemäß Untersuchungen der Organisation Fashion Revolution ist es in diesem Segment in den letzten Jahren zu einer verbesserten Transparenz gekommen. Im Jahr 2021 legten immerhin 47 Prozent der Modelabels eine Liste dieser Zulieferer vor – im Vergleich zu nur 40 Prozent im Jahr 2020.2

  • Tier 2: Diesem Abschnitt sind Zulieferunternehmen zugordnet, die in die Weiterverarbeitung von Kleidungsstücken eingebunden sind und Prozessschritte wie Bleichen, Färben oder Stickereien übernehmen. Laut der oben genannten Studie legen allerdings nur 27 Prozent der Modeunternehmen Tier 2-Listen vor.

  • Tier 3: Noch intransparenter wird es beim Ausweis darüber, woher die eigentlichen Rohstoffe stammen, wie zum Beispiel Baumwolle und Leder. Gerade einmal elf Prozent der Unternehmen weisen für ihre Rohstoffe die Bezugsquellen aus.

Nicht nur die ökologischen Belastungsfaktoren, sondern gerade die inakzeptablen Arbeitsbedingungen in Verbindung mit den kaum zu kontrollierenden Zulieferketten haben dazu geführt, dass in den letzten Jahren vielfältige Initiativen entstanden sind, die eine Transformation in der Modebranche herbeiführen wollen. Die verschiedenen Organisationen wie die „Better Cotton Initiative“3 (BCI) und das „Fashion Industry Charter for Climate Action“4 (im Rahmen des „United Nations Framework Convention on Climate Change“ – kurz UNFCCC) zielen unter anderem auf die Senkung der CO2-Emissionen und eine Verbesserung der Produktionsstandards über die ganze Wertschöpfungskette hinweg ab. Doch die Abkommen sind für die Unternehmen des Sektors oftmals nicht verbindlich (genug). Dies ändert sich nun: Ausgelöst durch die Probleme und das Fehlverhalten einzelner Unternehmen– nicht nur in der Modebranche – ist zum Beispiel nach langwierigen Verhandlungen im Sommer 2021 in Deutschland das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verabschiedet worden.5 Darin wird erstmals für deutsche Unternehmen – ab einer gewissen Größe und für alle Sektoren gültig – eine umfängliche Sorgfaltspflicht für die jeweiligen Zulieferketten vorgeschrieben. Bei Verstößen kann es nun zu empfindlichen Geldbußen kommen. Durch weitere, geplante Gesetzesvorhaben – zum Beispiel in der EU – wird die Reichweite und Bedeutung des Themas an Relevanz gewinnen – auch für die Modebranche.

Der Konsument entscheidet (mit)

Verschiedene Umfragen und Studien zeigen, dass das Thema Nachhaltigkeit im Modebereich immer relevanter für die Kaufentscheidung wird. So geben laut einer Studie des „IBM Institute for Business Value“ in Zusammenarbeit mit der amerikanischen „National Retail Foundation“ aus dem Jahr 2020 mehr als 70 Prozent der Konsumenten an, ihnen sei Nachhaltigkeit wichtig. Eine aktuelle Analyse des Research-Anbieters Stifel aus 2021 kommt zu einem (ähnlichen) Ergebnis: Mehr als 80 Prozent der Konsumenten von Lifestyle-Modeartikeln finden es wichtig, dass sich Unternehmen in diesem Segment nachhaltig verhalten. Zwei Drittel sind sogar bereit, dafür auch mehr zu bezahlen. Zugegeben: Diese Aussagen spiegeln sich noch nicht „eins zu eins“ im tatsächlichen Konsumverhalten wider. Doch Unternehmen der Modebranche dürfen die Analyseergebnisse nicht unterschätzen. Denn die Erfahrungen aus anderen Branchen haben gezeigt, dass der Trend zu mehr Nachhaltigkeit bei Konsumentscheidungen grundsätzlich stark ist.6 Zwar haben der boomende Online-Handel, immer neue Mode-Trends und günstige Preise speziell jüngere Käuferschichten und deren Konsumgewohnheiten geprägt. Aber eben diese Kundengruppe ist gegenüber nachhaltigen Trends und Produkten sehr aufgeschlossen.

Vielschichtige Transformation braucht genaue Analyse

Die unter ESG-Gesichtspunkten erforderlichen Transformationsprozesse der Modebranche sind komplex. Das macht die Analyse und Beurteilung für Investoren vor der Anlageentscheidung herausfordernd. Die in diesem Zusammenhang bei Union Investment untersuchten und bewerteten Beurteilungskriterien (KPIs) und Fragestellungen lassen sich in die Kategorien Strategie, Investitionen und Governance einteilen. Neben allgemeineren Kriterien fokussiert die Analyse auf die folgenden, sektorspezifischen Kennzahlen:

  • Vereinbarkeit der Markenwahrnehmung mit Nachhaltigkeit (KPI 1): Wie hoch ist der Anteil an nachhaltigen Produkten7 und wird die Marke mit Nachhaltigkeit assoziiert? Wie entwickelt sich die Strategie im Zeitablauf? So hat Adidas zum Beispiel angekündigt, dass bis zum Jahr 2025 neun von zehn seiner Produkte nachhaltig sein sollen.

  • Reduktionsziele im Umweltbereich (KPI 2): Welche Maßnahmen und Ziele werden definiert, um den ökologischen Fußabdruck zu verkleinern? Gibt es Pläne, um speziell den Plastikeinsatz zu verringern? Beispielsweise gibt Adidas an, dass bereits seit dem Jahr 2020 rund 70 Prozent des verwendeten Polyesters aus Recycling stammen und ab 2024 ausschließlich recyceltes Material verwendet wird.

  • Überprüfung der Zulieferketten (KPI 3): Welche Maßnahmen und Ziele werden festgelegt, um umweltbezogene und soziale Standards sicher zu stellen? Ist eine ausreichende Transparenz über alle Bereiche (Tier 1 bis 3) gegeben? Beispiel: Eine externe Bestätigung ist die Auszeichnung für Hugo Boss als „Supplier Engagement Leader“ im Jahr 2020.8

  • Investitionen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen (KPI 4): Wie sehen die Ausgaben aus, die zur Erreichung der Ziele aus KPI 2 notwendig sind? Zudem: Neben dem Ausbau des eigenen Humankapitals sollen auch die Angestellten bei Zulieferern kontinuierlich weitergebildet und Arbeitsumstände überprüft und verbessert werden.

Qualität hat seinen Preis

Erst auf Basis dieser Analyseergebnisse sind fundierte Anlageentscheidungen möglich und lassen sich sinnvolle Aussagen über Kapitalmarktrisiken und -chancen für die einzelnen Unternehmen treffen.

Die langen und komplexen Lieferketten in der Modebranche – und somit auch im Fast-Fashion-Segment – stellen aus Kapitalmarktsicht ein Risiko dar. Denn zum einen führen Ausfälle und Unterbrechungen der Kette zu potenziellen Produktions- und Umsatzausfällen. Zum anderen besteht bei einem festgestellten Fehlverhalten innerhalb der Lieferkette mittlerweile die Gefahr von finanziell belastenden Strafen durch den Regulator. Dadurch ausgelöst sind auch Reputationsverluste in der öffentlichen Wahrnehmung wahrscheinlicher. Dies kann in der medial sensitiven Modebranche auch kurzfristig zu Nachfrageeinbußen führen. Aber vor allem reagieren – nicht nur nachhaltige – Investoren immer sensibler auf solche Kontroversen und berücksichtigen diese bei Anlageentscheidungen. So musste das britische Unternehmen „Boohoo“ 2020 zugeben, dass bei einem Zulieferer in Leicester (UK) unter dem Mindestlohn bezahlt wurde und die Arbeitsbedingungen insgesamt schlecht waren. Die Folgen: Nicht nur an der Börse wirkte sich die Nachricht negativ aus, sondern auch die Zusammenarbeit mit wichtigen Einzelhändlern litt unter der Kontroverse. Die zunehmende Sensibilisierung von Investoren und Konsumenten in puncto Nachhaltigkeit wirkt also. Hinzu kommt: Gerade der Fast-Fashion-Bereich ist durch eher geringe Margen gekennzeichnet – es gibt wenig Puffer, um negative Entwicklungen etwa aufgrund von Kontroversen oder steigenden Input- und Produktionskosten zu kompensieren. Die Organisation Global Fashion Agenda schätzt in einer Studie aus dem Jahr 20179, dass Modeunternehmen bis zum Jahr 2030 rund drei Prozentpunkte an Gewinnmarge einbüßen könnten, wenn sie keine Anpassungen vornehmen. Die Folgen für die gesamte Branche wären milliardenschwere Gewinneinbußen.

Die Chancen einer erfolgreichen Transformation wiederum ergeben sich – selbstredend – aus der Vermeidung der oben genannten Risiken. Dafür sind eine verbesserte ökologische Bilanz10 über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg notwendig sowie eine größere Achtsamkeit hinsichtlich sozialer Kontroversen. In Kombination mit einer verbesserten Transparenz über den nachhaltigen Fußabdruck des eigenen Modelabels ist eine vielversprechende Differenzierung von Konkurrenten möglich, die auch am Kapitalmarkt honoriert werden sollte. Darüber hinaus besteht für wandlungsbereite Unternehmen auch die Möglichkeit, durch Innovationen und Anpassungen des Geschäftsmodells, ihre Marktaussichten und -wahrnehmung zu verbessern:

  • Alternative Materialien: Durch die Verwendung nachhaltiger, alternativer Rohstoffe können der Einsatz von Polyester und auch Baumwolle reduziert und die mit diesen Inputstoffen verbundenen, ökologischen Probleme verringert werden. Beispiele dafür sind unter anderem Fasern, die aus natürlichen Rohstoffen gewonnen wurden. So entwickelt die österreichische Firma Lenzing Fasern, die als Basis Zellstoff (aus Holz) bei der Herstellung verwenden. Große Modeketten wie Inditex und H&M verwenden dieses Material bereits bei der Produktion von Teilen ihrer Kollektionen.

  • Secondhand: Die Nachfrage nach gebrauchten Kleidungsstücken wächst. Das ist eine gute Nachricht für die Umwelt, denn es hilft, das Wachstum der Kleidermüllberge zu verlangsamen. Laut dem „thredUP 2021 Resale Report“ haben im Jahr 2020 weltweit 52,6 Millionen Menschen gebrauchte Kleidungsstücke verkauft – im Jahr zuvor waren es nur 36,2 Millionen.11 Starkes Wachstum wird in den kommenden Jahren auch beim Umsatz erwartet: Dieser soll weltweit von 36 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 auf bis zu 77 Milliarden US-Dollar in 2025 anwachsen. Im Vergleich dazu: Fast Fashion soll laut der Studie in 2030 (nur) noch einen Wert von 40 Milliarden US-Dollar aufweisen – Secondhand hingegen 84 Milliarden US-Dollar. Von diesem Trend will unter anderem das schwedische Unternehmen „Nakdcom One World AB“ profitieren. Auf deren Online-Plattform wird neben nachhaltiger Fast-Fashion-Mode auch Secondhand-Ware angeboten und gekauft. Mit Erfolg. Mehrere Beteiligungsgesellschaften haben sich am Unternehmen beteiligt., sie wollen in einen Vorreiter im Bereich „Sustainable Fashion“ investiert sein.

  • Recycling: Bislang werden weniger als ein Prozent der Textilabfälle wieder aufbereitet. Ein Grund für die bislang kaum umgesetzten Kreislaufwirtschaftsansätze ist die Komplexität des Recyclingprozesses. Besonders die Wiederaufbereitung von Textilien, die aus unterschiedlichen Fasern bestehen, gestaltet sich schwierig. Doch es gibt erste Lösungsansätze. Das britische Unternehmen „worn again technologies“ hat ein Verfahren entwickelt, durch das auch Mischfasern aufbereitet und wiederverwendet werden können. Zwar steht diese Entwicklung noch am Anfang und die Kapazitäten sind beschränkt. Doch das Unternehmen wird von Branchengrößen wie H&M und Kering unterstützt. Ähnliche Ansätze verfolgt auch das Start-Up-Unternehmen „Circ“, das unter anderem mit Patagonia zusammenarbeitet. Ziel dieser Unterstützungsmaßnahmen durch die Modeunternehmen: Frühzeitig in innovative Technologien investieren und sich dadurch langfristig Kapazitäten an wiederaufbereiteten Stoffen sichern. Durch deren Verwendung kann das eigene Produktangebot deutlich nachhaltiger gestaltet und die Kundenwahrnehmung verbessert werden. Denn: Wiederaufbereite Stoffe weisen einen deutlich kleineren, ökologischen Fußabdruck als Neufasern auf. Zur Förderung dieses Trends bietet H&M bereits seit dem Jahr 2013 die Rücknahme alter Kleidungsstücke an, um diese aufzubereiten und wiederzuverwenden.

Fazit und Ausblick

Fast Fashion hat (noch) viele Anhänger. Für Modeunternehmen war und ist es deshalb ein wachstumsstarker und erfolgreicher Geschäftszweig. Doch ökologische Belastungen, intransparente Lieferketten und zunehmende Kontroversen bezüglich Arbeitsbedingungen stimmen einen immer größeren Teil der Konsumenten und Investoren nachdenklich.

Unterstützt durch strengere regulatorische Vorgaben wie etwa das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz könnte Fast Fashion deshalb durchaus aus der Mode kommen. Zwar zieht der günstige Preis. Doch Umfragen zeigen, dass Nachhaltigkeit auch beim Thema Mode immer wichtiger wird. Das Potenzial, das Geschäftsmodell Fast Fashion unter Druck zu setzen, ist da.

Unternehmen aus der Modebranche müssen diesen – durch Nachhaltigkeitsdiskussionen ausgelösten – Wandel frühzeitig antizipieren, um langfristig keine Kunden zu verlieren und ihre Marktstellung zu gefährden. Größeren und breit diversifizierten Modeunternehmen sollte diese schwierige Transformation besser gelingen: Die Anwendung innovativer Technologien, der Aufbau neuer Geschäftsmodelle und die parallele Etablierung wirklich nachhaltiger Modelinien ist von ihnen finanziell besser zu stemmen. Kurzfristig mag der Umbruch auch für sie eine Belastung darstellen, doch spätestens mit einsetzenden Skaleneffekten wird sich dieser bezahlt machen. Werden Konsumenten zudem transparent und glaubhaft über die positiven Nebeneffekte ihrer Produktentscheidungen aufgeklärt, sind auch höhere Preise für nachhaltigere und qualitativ höherwertige Kleidung durchsetzbar.

Union Investment unterstützt und begleitet die Transformationsanstrengungen im Modebereich. Mittels eines eigenständigen Beurteilungssystems können Unternehmen benannt werden, denen es besser und schneller gelingt, nachhaltiger als bisher zu produzieren und sich im Bereich „Slow bzw. Sustainable Fashion“ zu etablieren. Erneut gilt: Vorreiter dieses neuen Trends besitzen – auch aus Kapitalmarktsicht – einen nachhaltigen Vorsprung.

  1. 1 Siehe dazu die Studie der Ellen MacArthur Foundation: A New Textiles Economy.
  2. 2 Siehe dazu auch den Fashion Transparency Index 2021 der Organisation Fashion Revolution, die aktiv zum Wandel in der Modebranche beitragen will und in diesem Zusammenhang Bür-ger, Unternehmen und die Politik aufklären und mobilisieren möchte.
  3. 3 Die BCI zielt unter anderem auf nachhaltigere Produktionsverbesserungen speziell bei Baumwolle ab; siehe dazu auch die BCI-Homepage.
  4. 4 Zur genauen Ausgestaltung und für eine umfängliche Liste der Ziele siehe Fashion Industry Charter for Climate Action.
  5. 5 Zur genauen Ausgestaltung des Gesetzes und zu wichtigen FAQ siehe die Seite des BMZ.
  6. 6 Siehe dazu zum Beispiel auch die Diskussionen und das sich ändernde Konsumentenverhalten im Zusammenhang mit „Electric Vehicles“, Flugreisen oder auch beim Fleischkonsum.
  7. 7 Als nachhaltig werden Produkte bezeichnet, wenn sie aus natürlichen, erneuerbaren oder recy-celten Materialien hergestellt wurden und die Güter auch für die Wiederaufbereitung und -verwendung geeignet sind.
  8. 8 Hugo Boss erhielt die Auszeichnung von der unabhängigen Non-Profit-Organisation „Carbon Disclosure Project“ (CDP) für sein Engagement in Bezug auf Klimaschutz in der Zulieferkette.
  9. 9 Global Fashion Agenda (in Zusammenarbeit mit BCG): „Pulse of the Fashion Industry“.
  10. 10 In der Studie aus Fußnote 9 wird zudem geschätzt, dass weltweit allein im ökologischen Be-reich bis zu 110 Milliarden Euro an Kosten bis 2030 vermieden werden könnten, wenn es ge-lingt, den ökologischen Fußabdruck der Modebranche zu beschränken.
  11. 11 Für weitere Informationen zum Thema Secondhand-Handel siehe die komplette thredUP-Studie.

Autoren:

Mathias Christmann, Dijana Lind

Stand: 19. August 2021